Dinge, die die Realität darf, ein Schriftsteller aber nicht

Als Schriftsteller muß man sich um logische Stringenz und Glaubwürdigkeit bemühen. Humor ist nichts Schlechtes, aber er darf nicht in billige Witzelei ausarten. Kritik ist nichts Schlechtes, aber sie darf nicht in blindwütige Rundumschläge ausarten.

Die Realität sieht das anders.
Sie ließ in Berlin in den 80er Jahren einen Baustadtrat Gäste von öffentlichen Geldern in einen Puff einladen. (Das dürfte ein Schriftsteller noch schreiben.) Der Lude war ein Kumpel des Baustadtrates – auch das könnte ein Schriftsteller noch ausmalen.
Aber der Nachname des Luden lautete Schwanz. Und das hätte ein Schriftsteller einfach nicht gedurft, das darf nur die Realität.

Inzwischen ist die Realität nicht bescheidener geworden. Innerhalb von zwei Tagen lese ich von zwei verschiedenen Juristen im Gesichtsbuch, daß 1. die Nazis ja schließlich für Mutterschutz gesorgt haben (und daß meine Bemerkung, hierauf halte ich einen Abbruch des Gesprächs für sinnvoll, ein intellektueller Offenbarungseid ist), und daß 2. die Verbrennung von Koranen deshalb nicht kritisiert werden darf, weil Bluttaten von Moslems darauf folgten.

Schriebe ich das in einem Buch nicht irgendwelchen dumpfen Dolmen zu, sondern zwei in staatlichem Lohn stehenden Juristen, so würde es wahrscheinlich verrissen als völlig unglaubwürdiger, überzogener Schund.

Ich wäre gern die Realität, die darf einfach mehr als ich.

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