Zum Nachmittagskaffee: … So das nackerte Geld, das ist schon fast …

… ein bisserl zu plump, das hat so überhaupt nichts an sich, was über das hinausweist, was nicht eh schon jetzt und da ist. Und da gibt es jetzt, also, das gibt’s schon länger aber verkauft wird das so, als hätte man das vor drei Jahren erst erfunden, das übergeordnete Geld, die Aktien.

Das ist gut, Geheimwissenschaft !

Eine Priesterkaste, die die höheren Weihen hat, schaut achtzig Mal am Tag aus jedem Fernseher und sagt dann so Sachen wie: “Die Technologiewerte haben im abgelaufenen Umsatzmonat ein dünnes Plus gegenüber den Erwartungen, aber die Rohertragsmarge wird durch strategische Investitionen für das zurückliegende Quartal neu bewertet, …” und dann denkt man sich so als Zuschauer: “Aha.”
Und wenn da jetzt, sagen wir, einer einmal im Monat im Fernsehen zwischen eins und zwei in der Früh eine Viertelstunde lang über die Börse kauderwelscht, dann kann der in seinem Nischendasein sogar herzig sein; den schaut man sich an und denkt sich “Na schau !” Und sagt dann zu Freunden: ” Du, den muaßt da amoi auschaun, i waaß net, auf wos der drauf is, woahrscheinlich a vapotzte Kindheit, oba gscheida, wie waunn er einbrechn geht, schau da den amoi au. Völlig skurill !”

Aber man kann ja den Fernseher nicht mehr aufdrehen, ohne dass unten am Bildrand der Weltwirtschaftswasserstandsbericht durchrennt; irgendwelche Namen von irgendwelchen Firmen, von denen ich zumindest, gut, mich interessiert’s ja auch nicht sooo, noch nie was gehört habe, dazu irgendwelche Zahlen, denen man aber entnehmen kann, dass wer am Vormittag schon gewußt hat, was KbM. Holding ist, sich bis spätestens Nachmittag besser keine Aktien davon hätte kaufen sollen. Oder müssen. Oder so. Und das auf breiter Front vorgetragen, so als wär das wichtig. Ich weiß ja nicht, wie viele Menschen wirklich Aktien haben, also nicht so einen Fonds, wo man der Bank oder der Lebensversicherung sagt: ” Mocht’s hoit !”, und hofft, daß was überbleibt, sondern so richtig mit “Kaufen !” und “Verkaufen !”, wie man es in schlechten Karikaturen davon sieht. Ich habe aber den Verdacht, das sind nicht so viele, und die, die das sm machen, sitzen wahrscheinlich nicht in Schlapfen mit einem Sackerl Chips und dem Telephon vor dem Fernseher und rufen ihrem Brooker an und sagen:” Paß auf ! Jetzt is günstig, die RvP-trading haumm grod a bißl a Hintnoch, do hau ma hi ! Oba, waaßt eh, nur bis sogma siebmzwanzig. Net, daß i nocha da Grupfte bin !”
Ich glaube, das ist einfach eine Inszenierung, damit die Allgegenwart von diesem Supergeld Aktien ordentlich Ehrfurcht erzeugt. Das ist ja eigentlich ganz gut gemacht; also natürlich kann man das noch verbessern.

Zum Beispiel gehören die Börsenberichterstatter, find ich, ein bißchen besser ausgesucht; da erzählt einer was von Beträgen, die sich ein Gesunder nicht vorstellen kann, und der, der das erzählt, dem sieht man an, daß ihm irgendein Autohaus wegen der letzten zwei Leasingraten auf den Fersen steht, weil so wie der ausschaut, hat sich der sicher mit seinem Auto übernommen. – Eine Unterstellung von mir, aber wenn ich mir schon eine Inszenierung anschaue, dann will ich auch, daß die gut ist. Ich mein, ich kann ja nix dagegen tun, daß mich wer anlügt, aber ich darf verlangen, daß sich der Lügner ein bisschen bemüht. Ich muß das ja glauben können. Einfach eine Behauptung aufstellen, die nicht stimmt, und es ist klar, daß die nicht stimmt, und dann von mir verlangen, daß ich das glaube, weil die Behauptung halt so aufgestellt worden ist, und die berechtigten Zweifel holen sich hinter mir ein stumpfes Schädeltrauma vom An den Kopf greifen, und ich als Belogener habe dann auch noch die Arbeit, mir gegen alle Vernunft Gründe dafür auszudenken, warum das doch stimmen kann, ist mir zu wenig. Ich verlange, daß, wer lügt, sich bemüht. Wer lügt, soll sich beim Ausdenken und Erzählen der Lüge mindestens so viel Arbeit machen, wie ich beim Glauben !

Aus *Glück – eine Vermutung* von Gunkl

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