Nicht nur Jahre

- auch Sonette aus meiner Feder gibt es mittlerweile, wenn ich mich nicht verzählt habe, genau fünfzig. Die meisten findet man hier.

Bei einem im Spätsommer entstandenen bin ich noch nicht so recht sicher, ob es was taugt. Eindeutig gehört es eher in die Kategorie Unsinn von der Sorte, wie verwöhnte Dichter ihn in einer müßigen Stunde produzieren (was als tag eindeutig zu lang ist).

Blauer Traum

Persephone sitzt aufrecht mir zur Linken,
Eurydike halb liegend rechter Hand,
so lagre träumend ich im Schattenland,
wo aller Träumer Träume einst versinken.

Vor jeder steht ein Glas Zypressenbrand,
denn Lethes Wasser wollen wir nicht trinken,
das brodelt in den Pfeifen. Weißlich winken
drei Säulen Asphodelenqualm zum Strand.

Die Nebel unsrer Pfeifen wirbeln, steigen,
wir rauchen Hadesblumen, nicken, schweigen,
die Totengöttin, ich, die Schattenfrau.

So kiffen wir im Dämmer Asphodelen.
Ich könnte später mich nach oben stehlen,
doch ob ich will – das weiß ich nicht genau.

© Claudia Sperlich

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6 Antworten auf Nicht nur Jahre

  1. Sylvia sagt:

    Ich kann das leider nicht beurteilen, ob das Sonett was taugt.
    Da kenn ich mich zuwenig aus.
    Aber aus dem Bauch heraus hätt’ ich g’sagt, dass das Sonett eine besondere Stimmung zu mir rüberwachelt, aber mit dem Verstand kann ich es nicht fassen.

    Aber “Kiffen im Dämmer” klingt schon mal nicht schlecht, wenn ich auch (noch) nicht weiß, was Asphodelen sind. google wird es mir aber sogleich berichten.
    Insgesamt find ich es schön. Und in einem Koan geht es ja auch darum, ihn eben nicht verstehen zu können.

    • Das klingt doch schon mal gut! Lyrik soll ja zunächst das Gefühl ansprechen.
      Auch wenn ich das jetzt sage – aber da gibts mal nix zu rütteln: formal ist das Sonett gelungen. Aber Form ist ja nur die eine Sache; mir sind ganz schauerlich schlechte Sonette bekannt, die formal perfekt sind.
      Asphodelen sind übrigens sehr schöne weiße Blumen, und die Asphodelenwiese liegt am Eingang zum Hades.

  2. Sylvia sagt:

    Ich denk, das ist ja was, was Kunst ganz allgemein auszeichnet.
    Da wird unbewußt vom Künstler oder Verfasser *was* mitgeschickt, was er selber nicht greifen kann, aber in irgendeiner verschlüsselten Form seiner Umwelt mitteilen kann.
    A weiß quasi nicht genau, was er an B sendet, aber für beide stimmt es und die Botschaft wurde vermittelt.

    • Das “Ungreifbare” finde ich dabei besonders spannend. Ich weiß ja nie, wie etwas, was ich schreibe, bei einem anderen ankommt.
      Es ist mir schon passiert, daß ein Gedicht, das ich für ganz heiter hielt, von einer anderen Frau tieftraurig empfunden wurde.

  3. Erika sagt:

    schön , die Sonette !
    wenn ich auch nicht alles verstehe, finde ich sie immer ansprechend……
    jedem Lebensjahr ein Sonett – wow

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